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Ein ganz persönlicher Nachruf

Der politische Arm der aktiven Zivilgesellschaft in Europa

Ein ganz persönlicher Nachruf

Nachruf auf Nero. The Dreamers | Partei der Rebellen. Der politische Arm der aktiven Zivilgesellschaft in Europa.

Nachruf auf einen Gefährten

The Dreamers ist anders. Und die Menschen sind anders, die unsere Partei ausmachen. Und auch deshalb erlaube ich mir einfach, hier sehr persönlich zu werden. Sie sollen sehen, dass wir keine Funktionäre sind, sondern dass wir Menschen sind, die von Emotionen und Weltanschauungen beeinflusst werden und denen es nicht um Positionen oder Titel geht. Sondern um Impulse und Verbesserungen. Ich möchte damit auch unsere Mitglieder, Aktivisten und Unterstützer motivieren, Emotionen zuzulassen. Manchmal sind Trauer und Wut, Enttäuschung und Erkenntnis grössere Kräfte, als alles andere. Wir entwickeln uns nicht weiter durch political correctness. Wir entwickeln uns weiter, weil wir durch unsere Emotionen angetrieben werden und Ziele haben, Werte haben.

So viele Tote. So viele Probleme. So viele Veränderungen und Herausforderungen. So viel Ungerechtigkeit und Unfairness. An manchen Tagen kann man die Lautstärke der Welt nicht mehr aushalten. Man will schreien, alles auf einmal verändern. Menschen an den Schultern packen und schütteln, bis Vernunft einkehrt – und dann plötzlich eine unerträgliche Stille. Eine Zäsur des Schicksals. Man ist plötzlich selber betroffen und erkennt, wie wichtig jeder einzelne Tag ist. Und dass die eigene Welt, das eigene Umfeld ganz plötzlich viel entscheidender wurde, als der Weltenbrand um uns herum. Ganz plötzlich erkennt man wieder, weshalb man für eine Verbesserung der Welt und der Gesellschaft kämpft. Weil jeder Tag aufs Neue bewusst gelebt werden muss, damit wir erkennen, wie wertvoll das Leben, jedes einzelne Leben ist und dass es unsere verdammte Pflicht ist, diesen Wert zu schätzen und zu schützen.

Nero – mein Gefährte

Gestern starb Nero. Ein Hund, der sechs Wochen alt war, als ich ihn in Albanien fand und der nicht ganz sechs Jahre alt wurde. Er lebte mit mir. In seiner ganz eigenen Welt. Er war schlau und er war unglaublich loyal und sozial. Er ignorierte professionell Menschen und Tiere, die ihm nicht gefielen. Er besabberte und beschmutzte die Menschen, die er liebte. Stoisch blieb er liegen, wenn er etwas nicht wollte und fabrizierte tausend Mimiken, wenn er etwas erreichen wollte. Er gehorchte fast nie auf Befehle und war doch immer so, wie er sein sollte und wollte.

Für mich war er liebevoll eine Mischung aus Idiot und Känguruh – aber eigentlich eine Mischung aus Border-Collie und Labrador. Seine Welt war für ihn perfekt und das zählte für ihn, für mich. Seine Freiheit liebte er über alles – und ich das GPS-Gerät an seinem Halsband, um ihn stets wiederzufinden. Wenn er sich freute, wenn er rausgehen wollte raste er los, sprang in die Luft, drehte sich noch in der Luft um und landete so, als würde er gen Mekka beten. Genau das machte er, wenn er jemanden zum spielen animieren wollte, Menschen, Hunde und einmal sogar einen Wolf, der allerdings fassungslos wegging und bestimmt innerlich den Kopf schüttelte.

Morgens weckte er mich mit seiner kalten, feuchten Nase, indem er mich anstupste und zuvor fiepte, als hätte er 30 kg weniger auf die Waage gebracht und als wäre er 50 cm niedriger. Er liebte es, wenn ich seinen Kopf massierte und uns dabei in die Augen sahen. Er liebte die täglichen Spaziergänge von meistens zehn Kilometern, sie waren nervig, dreckig, anstrengend – und wunderschön, erfüllend, lindernd, aufregend und immer wieder ein gegenseitiger Liebesbeweis. Nichts brachte ihn aus der Ruhe oder liess ihn gar aufstehen, kein Erdbeben, keine Gewehrschüsse, nichts – aber das leise, schmatzende Geräusch einer sich öffnenden Kühlschranktür liess ihn aus fünf Kilometern Entfernung direkt hinter mich teleportieren und sein schmelzender Blick liess mich stets das Essen mit ihm teilen. Sein Autismus, sein Stolz, sein Freiheitsdrang machten mich unsagbar stolz auf ihn. Er lehrte mich, geduldiger zu werden, Unwägbarkeiten und Unabwendbares zu akzeptieren, Demut zu empfinden und gemeinsame Erlebnisse zu geniessen, selbst wenn man eigentlich gar keine Lust hatte, hinaus in den Regen zu gehen.

Gestern genoss Nero den ersten richtigen Frühlingstag hier im Norden. Sechs, acht Stunden war er mit seiner Hundemeute draussen toben und spielen. Er war den Tag über zusammen mit seiner Berner Sennenhund-Freundin und genoss sein freies und unabhängiges Leben in vollen Zügen. Und plötzlich brach er zusammen und starb. Er hatte ein fabelhaftes Leben und einen Tod ohne Leiden. Heute begrub ich ihn neben seiner Gefährtin Paula, die vor zwei Jahren in eine andere Welt wechselte. Gestern lehrte er mich nochmals, dass man jeden Tag schätzen und nutzen muss, dass man kein Gespräch und keine Tat verschieben soll, dass man nichts unausgesprochen lassen darf. Heute lehrte er mich, dass geliebte Wesen, ob Mensch oder Tier, niemals wirklich sterben, sondern immer bei einem bleiben. In der Erinnerung, in den jetzt vermissten Routinen. Wir wollten noch viele gemeinsame Jahre miteinander leben, aber Seelen sterben nie und vermutlich gibt es eine zweite Chance, irgendwann, irgendwo, irgendwie. Ich werde Nero unglaublich vermissen und auch wegen ihm keinen Tag ungenutzt oder wertlos verstreichen lassen. Diese Welt ist es wert. 

Ihr

Rolf Neuendorf

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